Blick auf den Oeschinensee, Quelle: Kandertal Tourismus

 

Oeschinensee, Quelle: Kandertal Tourismus

Die schrecklichen Alpen

Entdeckung der Landschaft

Mit Petrarcas Besteigung des Mont Ventoux 1336 beginnt die Entdeckung der Landschaft: „Zuerst stand ich wie benommen da von der ungewohnten Luft und dem ganz freien Rundblick. Ich schaue nach unten: Wolken schweben zu meinen Füssen und schon scheinen mir Athos und Olymp nicht mehr unglaubhaft“. Petrarcas Bericht ist einer der ersten, der die Erfahrung des Überbewältigt Werdens und des Erhabenen schildert. Seine Bergbesteigung wird aber auch als religiöse Pilgerreise oder als Initiationsweg interpretiert.


Die Alpen als locus horribilis

Petrarcas Schilderung bleibt für Jahrhunderte eine der wenigen ihrer Art. Bis ins 17. Jahrhundert hinein hält sich der Glaube, die Alpen seien ein Ort des Schreckens (Lat. locus horribilis). Sie sind ein schauderhafter Ort, den es unter Mühen und Gefahren zu überqueren gilt. Sie gelten als Heim von Lindwürmern und Drachen und als Rückzugsgebiet von Hexen. Gewitter und Schneestürme sind das Ergebnis ihrer wilden Feste. Im Traktat „les délices de la Suisse“ von 1730, eine der ersten Beschreibungen der Schweiz heisst es: Die ungeheuerliche Höhe der Alpen und der ewige Schnee sind entsetzlich“.

Diese Interpretation der Alpen hängt damit zusammen, dass es die Menschen im 17. Jahrhundert erstmals wagten, die biblische Schöpfungsgeschichte zu hinterfragen. Die Berge sind nicht Gott erschaffen, sondern Überreste der biblischen Flut. Und die Menschen beginnen sich zu fragen, wie die Welt und die Berge erschaffen wurden. Die Alpen rücken in den Mittelpunkt des naturwissenschaftlichen Interesses.

Verschiedene geologische Theorien werden aufgestellt. Bergsteiger untersuchen den Aufbau der Gebirge. Unter ihnen Horace-Bénédicte de Saussure, der den Mont Blanc 1768 (?) besteigt. Sein Antrieb ist es, „das Grundgerüst all dieser grossen Berge“ zu verstehen.

Der Alpenforschung endgültig zum Durchbruch verhilft der Schweizer Arzt und Naturwissenschaftler Johann Jakob Scheuchzer (1672-1733), welcher die Alpen naturwissenschaftlich untersucht und in seinen „seltsamen Naturgeschichten des Schweizer Landes“ beschreibt. Bei ihm vermischen sich noch Naturwissenschaft und Mythologie, denn er entwirft auch ein Kompendium von Drachenarten.

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